[302] 25. deva-ādi-vad api loke
auch ist es wie bei Göttern u.s.w. in der Erfahrung.

›Zugestanden, dass die Milch und anderes, welches ungeistig ist, erfahrungsmässig ohne äussere Hülfsmittel zu saurer Milch u.s.w. wird, so zeigt doch wiederum die Erfahrung, dass geistige Wesen, wie z.B. der Töpfer, nur mit Hülfe einer Reihe von Mitteln ihre bestimmte Wirkung vollbringen; nun ist das Brahman ein Geistiges; wie kann es also ohne Gehülfen wirksam sein?‹ – Wir antworten: »es ist wie bei Göttern u.s.w.«; wie nämlich nach der Erfahrung Götter, Ahnen, Ṛishi's und andere wunderthätige Wesen, obwohl sie geistig sind, ohne irgend ein äusseres Hülfsmittel vermittelst ihrer besonderen Herrschaftlichkeit durch das blosse Denken daran aus sich selbst viele und vielfach geartete Leiber, Häuser, Wagen u.s.w. erschaffen, wie dies die Mantra's und Arthavāda's, die epischen und mythologischen Gedichte bezeugen; – oder wie die Spinne aus sich selbst die Fäden herauslässt, wie das Kranichweibchen auch ohne Befruchtung schwanger wird, | wie die Lotosblume auch ohne irgend ein Mittel der Fortbewegung sich aus einem Teiche in den andern fortpflanzt, – so muss auch das, wenn schon geistige, Brahman ohne irgend ein äusseres Hülfsmittel aus sich selbst die Welt erschaffen. – Man könnte einwenden: ›die Götter u.s.w., die du da bei dem Brahman als Beispiele anführst, sind mit dem Brahman in dem Punkte, worin du sie mit ihm vergleichst, nicht gleicher Natur; denn es handelt sich bei den Göttern u.s.w. dabei nur um ihren ungeistigen Leib: dieser nur ist das Material zur Hervorbringung[302] anderer Leiber durch ihre Wundermacht, nicht aber ihre geistige Seele; und was ferner die Spinnen betrifft, so erzeugen sie durch Verzehren kleiner Thiere einen Speichel, welcher, in festen Zustand übergehend, zum Faden wird; und auch das Kranichweibchen empfängt dadurch, dass es den Ton des Donners hört; und die Lotosblume zieht sich doch nur, weil sie mit einem Geistigen [einer Seele] verbunden ist, mit ihrem allerdings ungeistigen Leibe aus einem Teiche in den andern hinüber, so wie auch die Schlingpflanze sich um den Baum herumzieht, nicht aber kann sie für sich allein, als etwas Ungeistiges, das Hinüberziehen aus einem Teiche in den andern bewerkstelligen. Somit passen diese Beispiele auf das Brahman nicht.‹ – Hierauf ist zu erwidern, dass das nichts ausmacht, weil es uns nur darauf ankommt, die Wesensverschiedenheit des Brahman von den als Beispielen gebrauchten Töpfern u.s.w. [welche nur mittels ihrer Werkzeuge schaffen] hervorzuheben. Denn wie von den Töpfern u.s.w. und von den Göttern u.s.w.; obwohl beide geistig sind, die Töpfer u.s.w., um ihre Wirkung zu vollbringen, ein äusseres Mittel benutzen, nicht aber die Götter u.s.w., – ebenso braucht auch | das Brahman, wiewohl es ein Geistiges ist, ein äusseres Mittel nicht zu benutzen; das war es nur, was wir mit unserer Heranziehung der Götter u.s.w. sagen wollten. Was somit für den einen möglich ist, das braucht es darum nicht unbedingt für alle zu sein; das ist unsere Meinung.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 302-303.
Lizenz:
Kategorien: